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CO2-Bilanzierung in Unternehmen - so läuft´s!

  • Autorenbild: Rainer Stahl
    Rainer Stahl
  • 26. Feb. 2022
  • 7 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 28. Feb. 2022

Für eine CO2-Bilanz in Unternehmen gibt es mehrere Synonyme: Klimabilanz, CO2-Fussabdruck oder auch Corporate Carbon Footprint. Um aber eine CO2-Bilanzierung effizient zu erstellen, gibt es meiner Ansicht nach nur einen Weg: Der projektorientierte Ansatz. Es ist der Königsweg die Emissionen eines Unternehmens strukturiert zu erfassen und damit einer möglichen Überforderung und Demotivation der Mitarbeiter aufgrund der Komplexität entgegen zu treten. Zudem sichern exakte Prozessbeschreibungen mit klar definierten Systemgrenzen die erforderliche Konsistenz für die Folgejahre. Eine CO2-Bilanz wird so erst aussagekräftig und vergleichbar. Veränderungen können so nachvollziehbar visualisiert sowie entsprechende Maßnahmen abgeleitet werden.

Welches sind also nun die Schritte für eine strukturierte CO2-Bilanzierung?


1. Die Vorbereitung der CO2-Bilanzierung im Unternehmen

· Stakeholderanalyse und Legitimation durch die Geschäftsführung

· Zieldefinition der CO2-Bilanz und Festlegung des Standards

2. Die Definition der Systemgrenzen im Unternehmen

· Zeitliche Systemgrenzen

· Organisatorische Systemgrenzen

· Operative Systemgrenzen

3. Die Datenerfassung und die Berechnung relevanter Daten

· Vorhandene Daten nutzen, erfassen und dokumentieren

· CO2-Äquivalente berechnen und Emissionsfaktoren festlegen


Schritt 1 - Die Vorbereitung der CO2-Bilanzierung im Unternehmen

Zu Beginn von Projekten stellt sich fast immer die gleiche Frage: Wie schafft man gute Voraussetzungen für ein erfolgreiches Projektmanagement?


Akzeptanz im Unternehmen schaffen

Bezüglich einer erfolgreichen CO2-Bilanzierung im Unternehmen ist es eine wesentliche Voraussetzung, dass Klimaschutz oder gar Nachhaltigkeit bereits ein Thema sind. Im Unternehmen ist ein Projektmarketing notwendig, d.h. eine Kommunikation nach innen. Dies bringt die notwendige Akzeptanz gegenüber den künftigen Aufgaben und den eventuell zusätzlichen Verantwortlichkeiten. Damit wird auch die Begeisterung zu nachhaltiger Entwicklung im Unternehmen gestärkt. Mit dem Projektmarketing sollen die Mitarbeiter motiviert und trainiert werden.


Umfeld und Stakeholder analysieren

Um einzuordnen, wo sich das eigene Unternehmen im Vergleich zum Wettbewerb bezüglich Klimaschutz positioniert, sollte ein Benchmark durchgeführt werden. Zentrale Fragen könnten sein:

  • Gibt es Einzelmaßnahmen zum Klimaschutz?

  • Oder eine Klimastrategie?

  • Liegt eventuell ein Klimabericht oder CO2-Bilanz vor?

Auch eventuelle Kundenanforderungen hinsichtlich der Verfügbarkeit klimarelevanter Daten sollten nicht unterschätzt werden. Zunehmend fordern Kunden die Offenlegung einer CO2-Bilanz.

Nach einer erfolgreichen Bilanzierung kann das Unternehmen das Vorhaben auch extern kommunizieren, z.B. mittels Erklärung für den Klimaschutz oder Verankerung im Leitbild des Unternehmens.


Risikoanalyse als Entscheidungsgrundlage für CO2-Bilanzierung

Von jedem Unternehmen gehen mehr oder weniger große Klimarisiken und -potenziale aus. Auch der Frage nach potenziellen Risiken sollte nachgegangen werden.

Anhand einer einfachen Risikoanalyse-Matrix, in der die Risikobereiche kategorisiert werden, können die Folgen der Risiken für das Unternehmen abgeschätzt werden. Es lässt sich auch einordnen, ob mit lokalen oder globalen und mit kurz- oder langfristigen Auswirkungen zu rechnen ist. Beispielsweise können physische Risiken, wie die Bedrohung der globalen Lieferkette durch Extremwetterereignisse, oder regulatorische Risiken, wie die Verschärfung der EU-Emissionshandel-Regularien hinsichtlich der Eintrittswahrscheinlichkeit analysiert werden. Die Matrix lässt sich situativ anpassen, indem z. B. Kriterien, wie die Dauer der Effekte, die Lokalität der Effekte und auch die Häufigkeit des Risikos beurteilt werden.

Die Risikoanalyse schafft also die notwendige Transparenz und zeigt die Gründe und die Ziele für eine CO2-Bilanzierung. Auch gibt sie deutliche Hinweise, in welchen Bereichen des Unternehmens ggf. besonders hohe Risiken oder Potenziale liegen, welche es in den Scopes zu berücksichtigen gilt.


Legitimation durch die Geschäftsführung

Nicht immer ist es der Fall, dass Projekte vom Management initiiert werden. Gerade in Bezug auf eine CO2-Bilanzierung könnte die Forderung über den Vertrieb oder gar von den Stakeholdern eingebracht werden. Gerade in diesem Fall ist (ökonomische) Legitimation, also die Freigabe von Ressourcen unabdingbar. Ohne das Go des Managements geraten noch so engagierte Bestrebungen ins Stocken. Der Aufwand muss einem – oft wenig quantifizierbaren – Nutzen gegenüberstehen. Das ist gerade bei kleineren Unternehmen nur praktikabel, wenn solche Projekte mit vertretbarem Aufwand durchführbar sind. Deshalb ist es nur sinnvoll die Breite und die Tiefe einer CO2-Bilanzierung genau abzugrenzen. Inwieweit macht dieses Projekt Sinn und steht in einem angemessenen Aufwand-Nutzen-Verhältnis?


Zieldefinition der CO2-Bilanz im Unternehmen

Wie oben schon beschrieben, ergeben sich die Ziele sich aus der Umfeldanalyse, den Kunden- und Stakeholderanforderungen und den Risiken. Dient der Fußabdruck eher der internen Steuerung oder ist er extern motiviert? Oder verlangen gesetzliche Vorgaben oder Kunden eine CO2-Bilanz?

Festlegung des Prozessstandards

Für nicht berichtspflichtige Unternehmen ist ein offizieller Standard nicht obligatorisch und die Berechnung kann ohne eine Norm erfolgen. Aber die Anwendung eines der offiziellen Standards, wie z. B. das Greenhouse Gas Protocol oder die DIN EN ISO 14064, fördert die Glaubwürdigkeit und Transparenz für Kunden, Investoren und andere Stakeholder, aber auch die Kompatibilität und Vergleichbarkeit untereinander und ist deshalb auch für kleine, nicht berichtspflichtige Unternehmen zu empfehlen. Der CO2-Fußabdruck kann dann durch eine Überwachungsorganisation geprüft und zertifizieren werden.


Schritt 2 – Die Definition der Systemgrenzen im Unternehmen

Die Festlegung der Systemgrenzen

Was bedeutet es nun, Emissionen zu erheben? Welche Bereiche im Unternehmen sollen sinnvollerweise einbezogen werden und wo liegen die Grenzen, die sogenannten Systemgrenzen?

Um nicht in einem Chaos der Datenerfassung und -auswertung zu enden, ist es ist absolut notwendig Systemgrenzen festzulegen. Grundsätzlich unterscheiden wir zwischen zeitlichen, organisatorischen und operativen Systemgrenzen.


Zeitliche Systemgrenzen festlegen

Eine zeitliche Systemgrenze bedeutet, in welchem Zeitraum Emissionen erhoben werden sollen. Natürlich bietet es sich an, Emissionen für den Zeitraum von einem kompletten Jahr zu erheben (Bilanzierungsperiode) und dann mit den Folgejahren zu verglichen. Eine mögliche Methode bei der Erhebung über mehrere Folgejahre hinweg ist der rollierende Durchschnitt, insbesondere dann, wenn eine Glättung aufgrund stochastischer Schwankungen notwendig ist. Wichtig jedenfalls ist, ein Basisjahr für die CO2-Bilanz im Unternehmen festzulegen. Größere Störungen oder außergewöhnliche Geschäftsvorfälle, wie z. B. Corona, Fusionen, Verkauf von Geschäftssparten, sollten bei der Erfassung der Emissionen nach statistischen Methoden bzw. mit einer Abweichungsanalyse einfließen.


Organisatorische Systemgrenzen bestimmen

Bei kleineren Unternehmen mit übersichtlichen Standort-Strukturen ist diese Systemgrenze relativ einfach festzulegen. Doch je komplexer größere Unternehmen mit mehreren Standorten, eventuell differenzierten Rechtsformen und Besitzverhältnissen strukturiert sind, desto relevanter ist es, wie die organisatorischen Systemgrenzen festgelegt werden. Es ist zu entscheiden, inwieweit die Emissionen der festgelegten Standorte (prozentual) in die CO2-Bilanzierung einbezogen werden. Das Greenhouse Gas Protocol (GHG Protocol) sieht spezielle organisatorische Bilanzierungsgrenzen vor: den Equity Share Approach, den Financial Control Approach oder den Operational Control Approach.



Operative Systemgrenzen definieren

Die operativen Systemgrenzen werden im Greenhouse Gas Protocol in drei Bereiche (Scopes), denen Emissionen zugeordnet werden können, definiert und unterschieden:

  1. Scope 1 (obligatorisch): Alle direkten Emissionen, d. h. aus Quellen innerhalb der Grenzen stammend.

  2. Scope 2 (obligatorisch): Indirekte Emissionen aus außerhalb erzeugtem und eingekauftem Strom, Dampf, Wärme und Kälte.

  3. Scope 3 (optional): Alle sonstigen indirekten Emissionen aus der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette, darunter die aus der Herstellung, Transport eingekaufter Güter oder Verteilung und Nutzung der eigenen Produkte oder der Entsorgung von Abfällen; auch Emissionen aufgrund von Geschäftsreisen gehören hierzu.

Emissionsschwerpunkte in Scope 3 identifizieren

Es ist essentiell über die Emissionsschwerpunkte des Unternehmens qualitative Einschätzungen zu treffen (s. Abb. 4). Je nach Gewichtung der Emissionsschwerpunkte lässt sich ableiten, welche Kategorien bilanziert werden sollten. Werden hohe Emissionen erwartet, sind diese Kategorien in der CO2-Bilanz im Unternehmen zu berücksichtigen. Natürlich fallen je nach Unternehmen die vor- bzw. nachgelagerten THG-Emissionen mehr oder weniger ins Gewicht. In einem Logistikzentrum sind beispielsweise höhere Emissionen durch den Transport und die Verteilung (Scope 3.4 und 3.9) zu erwarten, als bei bei einem Consulting-Unternehmen. Hier kann man von vergleichsweise hohen Emissionen im Bereich Geschäftsreisen (Scope 3.6) ausgehen.



Kategorien mit erwartet geringen Emissionen brauchen zunächst nicht berücksichtigt werden.. Insbesondere dann, wenn gerade im ersten Jahr die Datenbeschaffung mit viel Aufwand verbunden ist. In den Folgejahren kann die CO2-Bilanzierung schrittweise erweitert werden.


Die Ressourcen für das Projekt

Anhand der festgelegten Systemgrenzen kann grob abgeschätzt werden, mit welchen personellen und zeitlichen Ressourcen zu rechnen ist. Nehmen wir beispielsweise eine erstmalige Bilanzierung, die sich auf die wichtigsten Scopes begrenzt, in einem mittelständischen Unternehmen für nur einen (Haupt-)Standort. Die Erfahrung zeigt, dass hier eine ¼ -Stelle über eine Zeitdauer von 3 Monaten, also rund 130 Zeitstunden für den Koordinator, ausreichend sein kann. Der Koordinator ist verantwortlich für die Datenbeschaffung und -erfassung. Bei größeren Unternehmen mit ausdifferenzierten Rechts- und Eigentumsverhältnissen und einer CO2-Bilanzierung über viele Kategorien ist selbstverständlich mit einem entsprechend höheren Aufwand zu rechnen. Gegebenenfalls kann ein kleines Projektteam einen effizienten Ablauf sicherstellen.


Schritt 3 - Die Datenerfassung und die Berechnung relevanter Daten

Vorhandene Daten für die Messung des CO2-Fußabdrucks nutzen

Die festgelegten Systemgrenzen geben vor, welche Emissionen ermittelt bzw. welche Aktivitäts- und Emissionsdaten erhoben werden müssen. Falls keine direkten Emissionsdaten vorliegen, können diese aus den Aktivitätsdaten berechnet werden. Sollte eine einfache Umrechnung nicht möglich sein, müssen u. U. Annahmen oder Schätzungen getroffen werden. Aber oft liegen viele Daten aus dem Controlling oder in bestehenden Managementsystemen (z. B. DIN EN ISO 14001, EMAS usw.) bereits vor. Auch ganz banale Datenquellen, wie z. B. Rechnungen von Energielieferanten, können die notwendigen Daten liefern.


Daten für den CO2-Fußabdruck qualitativ dokumentieren

Zur Erfassung der relevanten Daten ist eine einfache Excel-Tabelle oft das Mittel der Wahl.


Nach den Prinzipien Relevanz, Konsistenz, Genauigkeit, Transparenz und Vollständigkeit richtet sich die Erfassung und die Berechnung der Daten für die CO2-Bilanzierung im Unternehmen. Natürlich hilft eine übersichtliche Erfassung der Daten auch dazu, Datenlücken zu identifizieren und dann zu schließen. So wird eine hohe Konformität mit den Berichtsprinzipien erreicht.


Die Berechnung der CO2-Daten

Nach der Erfassung der Aktivitätsdaten, z.B. der Strom in kWh, müssen diese in CO2-Äquivalente umgerechnet werden. Anhand der offiziellen Emissionsfaktoren gelingt dies am einfachsten und schnellsten. Hier ist bereits die jeweilige Klimawirksamkeit der verschiedenen Klimagase (Global Warming Potentials) berücksichtigt.


Emissionsfaktoren festlegen

Beim Strom zum Beispiel kann man den Emissionsfaktor des Strommix der Stromrechnung entnehmen. Der Stromlieferant muss (gemäß §42 EnWG) die Menge an CO2 in Kilogramm pro Kilowattstunde ausweisen.

Bei anderen Kategorien, wie z.B. Scope 3.6 Geschäftsreisen, können wissenschaftlich fundierte Emissionsfaktoren zur Anwendung kommen. Gängige und anerkannte Datenbanken für Emissionsfaktoren sind beispielsweise GEMIS, die IPCC Leitlinien und ProBas. Für beispielsweise flüchtige Gase aus Klimaanlagen eignen sich die Tools des Greenhouse Gas Protocol. Und für Mobilitätsdaten zur Umrechnung von gefahrenen Bahnkilometern in CO2-Äquivalente, lässt sich auch das mobitool (ecoinvent) nutzen.


Kontinuierliche Datenerfassung und Datenerweiterung

Das Greenhouse-Gas-Protocol sieht unter anderem eine Konsistenz für die CO2-Bilanzierung vor. Das heißt, dass eine Dokumentation der Datenerhebung, insbesondere über Schätzungen und Annahmen, durchzuführen ist. Erhebungen sollten immer unter den gleichen Rahmenbedingungen und Vorgehensweisen erfolgen. Das bedeutet umgekehrt aber auch, dass das Basisjahr neu berechnet werden muss, wenn sich die Berechnungsmethodik ändert. Nur so ist ein transparenter, genauer und konsistenter Zeitvergleich der CO2-Emissionen möglich. Andernfalls ist eine Erklärung notwendig.


Fazit

Eine CO2-Bilanzierung fasst die Emissionen eines Unternehmens zusammen. Natürlich gibt mehrere Wege und Möglichkeiten eine CO2-Bilanzierung durchzuführen. Dennoch bewährt es sich immer im 1. Schritt das Projekt durch eine gute Kommunikation so vorzubereiten, dass sich alle Beteiligten mit den Zielen identifizieren können. Der 2. Schritt ist dann die Definition der Systemgrenzen, um eine reibungsfreie und transparente Durchführung zu gewährleisten. Schließlich erfolgt dann im 3. Schritt die Erhebung und Berechnung der Daten. Neben objektiven Messungen und Hilfsmitteln wie Emissionsfaktoren dürfen hier auch Schätzungen und Annahmen einbezogen werden. Um die Konsistenz der Berechnungen auch in den Folgejahren zu gewährleisten, ist eine konsequente und lückenlose Dokumentation aller Daten absolut notwendig.


Durch eine CO2-Bilanz wird deutlich, in welchen Unternehmensbereichen die meisten Treibhausgase entstehen. Sie ist somit die wichtigste Grundlage für strategische Entscheidungen in Bezug auf den Klimaschutz in Unternehmen.


 
 
 

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